Seit der US-Präsident Anfang April "reziproke Strafzölle" angekündigt hat, stellt sich eine zentrale Frage: Werden ausländische Investoren ihre US-Staatsanleihen (Treasuries) veräußern?
Zwar hat Donald Trump diese Maßnahmen inzwischen für 90 Tage ausgesetzt, doch sein politischer Kurs hat bereits das Vertrauen in US-Anlagen erschüttert. Der Ausverkauf am Anleihemarkt war einer der Gründe für den plötzlichen Rückzieher des Präsidenten.
Weniger Anleihen, mehr Aktien
Um den Einfluss ausländischer Investoren konkret zu messen, lohnt sich ein Blick auf die (zeitverzögert veröffentlichten) Daten des US-Finanzministeriums. Für den Monat April zeigt sich ein leichter Rückgang der ausländischen Treasuries-Bestände um 36,1 Milliarden Dollar – bei einem Gesamtvolumen von rund 9 000 Milliarden Dollar.
Auffällig: China hat seine Bestände weiter reduziert, auf nunmehr 757 Milliarden Dollar – der niedrigste Stand seit 2009. Dieser Rückgang ist Teil eines Trends, der bereits 2013 einsetzte. Gleichzeitig steigen jedoch die Bestände, die unter belgischer Verwahrung gehalten werden – ein Hinweis darauf, dass China womöglich über Euroclear (mit Sitz in Brüssel) einen Teil seiner Positionen umschichtet.
Doch wichtiger als absolute Zahlen ist der relative Anteil ausländischer Investoren am Markt für US-Staatsanleihen. Aktuell halten internationale Akteure etwa ein Drittel der US-Staatsverschuldung. Vor zehn Jahren waren es fast 50 %. Der Rückgang ist vor allem auf die Anleihekäufe der US-Notenbank im Rahmen ihrer QE-Programme bis 2022 zurückzuführen.
Obwohl ihr Einfluss geschrumpft ist, spielen ausländische Investoren also weiterhin eine zentrale Rolle.
Im Aktienbereich zeigt sich hingegen eine gegenteilige Entwicklung: Ausländische Investoren besitzen mittlerweile rund 18 % aller börsennotierten US-Unternehmen – ein historischer Höchstwert.
Quellen: Federal Reserve, Macrobond, Apollo Chief Economist
Steuerliche Risiken
Fazit: Ausländische Anleger halten nach wie vor einen bedeutenden Teil der US-Finanzanlagen – ein Umstand, den die Vereinigten Staaten nicht leichtfertig aufs Spiel setzen sollten.
Genau das könnte jedoch geschehen. Ein Passus in Donald Trumps neuem Steuerpaket One Big Beautiful Bill sorgt auch innerhalb der republikanischen Partei für erheblichen Unmut. In der Fassung, die vom Repräsentantenhaus beschlossen wurde, sieht Abschnitt 899 eine progressive Besteuerung passiver Erträge (Zinsen, Dividenden, Lizenzgebühren) ausländischer Anleger vor – mit Sätzen von bis zu 20 %.
Der Gesetzentwurf wird derzeit im Senat verhandelt und muss für eine finale Abstimmung erneut durch das Repräsentantenhaus. Ziel ist ein Inkrafttreten bis zum 4. Juli – eine Frist, die Trump selbst gesetzt hat.
Bis dahin bleibt offen, ob Trump die Maßnahme aufrechterhält oder – wie so oft – wieder zurückrudert. Der Markt setzt jedenfalls auf Letzteres. Der Spitzname dafür: TACO Trade (Trump Always Chickens Out). Genau dieses Szenario erklärt die Kurserholung des S&P 500 seit Mitte April.