Mindestens 43 Menschen, darunter 15 Kinder, sind nach den verheerenden Sturzfluten in Zentraltexas ums Leben gekommen. Das teilten die Behörden am Samstag mit, während Rettungskräfte fieberhaft nach Dutzenden weiteren Campern, Urlaubern und Anwohnern suchten, die weiterhin vermisst werden.
Die Zahl der Opfer werde voraussichtlich noch steigen, erklärten die Behörden, da auch Gebiete außerhalb des Hauptkatastrophengebiets im Kerr County von den Überschwemmungen betroffen seien. Ein Vertreter des Travis County bestätigte vier Todesopfer und 13 Vermisste, während aus dem Kendall County ein weiterer Todesfall gemeldet wurde.
Einige Medien berichteten bereits von bis zu 52 Todesopfern. Diese Zahl konnte von Reuters jedoch nicht bestätigt werden.
Nach Angaben der Behörden wurden mehr als 850 Menschen gerettet - darunter Personen, die sich an Bäume klammerten -, nachdem ein plötzlicher Sturm bis zu 38 Zentimeter Regen in der Region um den Guadalupe River, etwa 140 Kilometer nordwestlich von San Antonio, niedergehen ließ.
Unter den Vermissten befinden sich 27 Mädchen vom Sommercamp "Camp Mystic", wie Kerrvilles Stadtmanager Dalton Rice am Samstagabend auf einer Pressekonferenz mitteilte. Es könnten zudem noch weitere Personen betroffen sein.
Rice erklärte, 27 Menschen würden offiziell vermisst, betonte jedoch: ,,Wir werden keine genaue Zahl für die übrigen nennen, weil wir es einfach nicht wissen."
Die Katastrophe entwickelte sich am Freitagmorgen rasend schnell, als stärker als vorhergesagt Regen die Flusspegel in kurzer Zeit auf bis zu neun Meter ansteigen ließ.
,,Wir wissen, dass die Flüsse steigen, aber niemand hat so etwas kommen sehen", sagte Rob Kelly, oberster Beamter im Kerr County.
Kerr Countys Sheriff Larry Leitha erklärte, 17 der bestätigten Todesopfer, darunter fünf Kinder, seien noch nicht identifiziert.
Der Nationale Wetterdienst teilte mit, dass der akute Notstand aufgrund von Sturzfluten im Kerr County nach den Gewittern, die mehr als 30 Zentimeter Regen brachten, weitgehend beendet sei. Das entspricht etwa der Hälfte des durchschnittlichen Jahresniederschlags der Region. Für das weitere Umland galt bis 19 Uhr weiterhin eine Hochwasserwarnung.
Das Kerr County liegt im sogenannten Texas Hill Country, einer ländlichen Gegend mit zerklüftetem Gelände, historischen Kleinstädten und beliebten Ausflugszielen.
Der texanische Vize-Gouverneur Dan Patrick sagte, eine unbekannte Zahl von Besuchern sei für die Unabhängigkeitstagsfeierlichkeiten am Fluss angereist.
,,Wir wissen nicht, wie viele Menschen in Zelten, kleinen Anhängern oder gemieteten Häusern am Flussufer waren", erklärte Patrick gegenüber Fox News Live.
'VÖLLIGE SCHOCKSTARRE'
Camp Mystic, ein fast hundert Jahre altes christliches Mädchencamp, beherbergte zum Zeitpunkt der Flut 700 Mädchen, so Patrick weiter.
Am Tag nach der Katastrophe bot das Camp ein Bild der Verwüstung: In einer Hütte zeigten Schlammlinien an den Wänden, dass das Wasser mindestens 1,80 Meter hoch gestanden hatte. Bettgestelle, Matratzen und persönliche Gegenstände lagen mit Schlamm bedeckt verstreut. Einige Gebäude hatten zerbrochene Fenster, eines sogar eine fehlende Wand.
Ein weiteres Mädchencamp in der Gegend, ,,Heart O' the Hills", gab auf seiner Webseite bekannt, dass Mitinhaberin Jane Ragsdale in den Fluten ums Leben gekommen sei. Camper seien jedoch keine anwesend gewesen, da sich das Camp zwischen zwei Durchgängen befand.
In Comfort, einer Stadt etwa 65 Kilometer flussabwärts von Camp Mystic, wurden riesige Bäume - teils über 18 Meter hoch - von den Wassermassen entwurzelt und entlang des Flusses verteilt, mehrere blockierten Straßen. Während die Hauptstraße von San Antonio in die betroffenen Gebiete weitgehend intakt blieb, wurden einige zweispurige Brücken schwer beschädigt.
Ein Reuters-Fotograf sah etwa zehn Autos - einige mit eingeschlagenen Scheiben und Türen -, die von den Fluten mitgerissen und nahe des Flusses zurückgelassen worden waren.
,,Völliger Schock. Ich bin immer noch fassungslos", sagte Tonia Fucci (52), eine Besucherin aus Pennsylvania, die in Comfort ihre Großmutter besuchte. ,,Die Zerstörung ist so groß, dass ich immer noch unter Schock stehe. Und während die Rettungsaktionen laufen, mit Hubschraubern und allem, weiß man einfach, dass so viele Kinder und Menschen vermisst werden. Man wünscht sich nur, dass sie der Familien wegen gefunden werden. Aber, wissen Sie, es wird kein gutes Ende nehmen. Es ist einfach unmöglich, dass jemand die Schnelligkeit des Wassers überlebt hat."
Online veröffentlichte Videos zeigten nackte Betonfundamente, wo einst Häuser standen, sowie Trümmerhaufen entlang des Flussufers. Retter holten Bewohner von Dächern und Bäumen, bildeten mitunter Menschenketten, um Personen aus den Fluten zu ziehen, wie lokale Medien berichteten.
Präsident Donald Trump erklärte, er und seine Frau Melania beteten für die Opfer. ,,Unsere tapferen Ersthelfer sind vor Ort und leisten, was sie am besten können", schrieb er in sozialen Medien.
Texas' Gouverneur Greg Abbott teilte auf einer Pressekonferenz mit, er habe Trump gebeten, eine Katastrophenerklärung zu unterzeichnen, um Bundesmittel für die Betroffenen freizugeben. Heimatschutzministerin Kristi Noem sagte, Trump werde diesem Wunsch nachkommen.
Trump hatte zuvor angekündigt, die Rolle der Bundesregierung bei Naturkatastrophen zurückzufahren und die Verantwortung stärker auf die Bundesstaaten zu verlagern.
Noem betonte, eine am Donnerstag vom Nationalen Wetterdienst herausgegebene ,,mäßige" Hochwasserwarnung habe die extremen Regenfälle nicht korrekt vorhergesagt. Die Trump-Regierung arbeite daran, das System zu verbessern.
Die Regierung habe tausende Stellen bei der Mutterbehörde des Wetterdienstes, der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), gestrichen, wodurch viele Wetterämter unterbesetzt seien, sagte der ehemalige NOAA-Direktor Rick Spinrad. Ob diese Einsparungen die fehlende Vorwarnung bei der Flut in Texas beeinflusst hätten, könne er nicht sagen. Doch sie würden zwangsläufig die Fähigkeit der Behörde verschlechtern, genaue und rechtzeitige Prognosen zu liefern.
,,Die Möglichkeit der Menschen, sich auf solche Stürme vorzubereiten, wird dadurch beeinträchtigt. Das wird zweifellos zu weiteren Todesfällen und wahrscheinlich zu mehr Sachschäden führen", so Spinrad.