Die Pläne der EU-Länder zum Ausbau der Kernenergie erfordern Investitionen in Höhe von 241 Milliarden Euro (278 Milliarden US-Dollar) sowie neue Finanzierungsinstrumente, um diese enormen Kosten für private Investoren weniger riskant zu machen, erklärte die Europäische Kommission am Freitag.

Die EU-Länder haben Pläne vorgelegt, ihre Kernkraftkapazitäten bis 2050 von derzeit 98 Gigawatt auf 109 Gigawatt auszubauen, teilte die Kommission in einem Entwurf einer Analyse des Investitionsbedarfs für diesen Sektor mit, der am Freitag veröffentlicht werden soll.

Diese Pläne würden Investitionen in Höhe von 205 Milliarden Euro in neue Kernkraftwerke sowie 36 Milliarden Euro für die Verlängerung der Laufzeit bestehender Reaktoren erfordern, wobei sowohl öffentliche als auch private Mittel zum Einsatz kommen sollen, heißt es in dem Entwurf.

Im vergangenen Jahr wurden rund 24 % des Stroms in der EU aus Kernenergie erzeugt. Angesichts der jüngsten Überschreitungen des Budgets und der langen Verzögerungen bei Kernkraftprojekten in Europa seien weitere Finanzinstrumente erforderlich, um private Investoren zu gewinnen, die durch diese Risiken und die enormen Vorlaufkosten abgeschreckt würden, so die Kommission.

Eine fünfjährige Verzögerung der geplanten neuen Projekte würde die geschätzten Kosten bis 2050 um 45 Milliarden Euro erhöhen, hieß es.

„Eine Kombination aus verschiedenen Finanzierungsquellen, ergänzt durch Instrumente zur Risikominderung, könnte die Lösung sein“, erklärte die Kommission.

Der Entwurf des Dokuments wurde zuerst von Bloomberg News veröffentlicht. Die EU-Länder sind sich seit langem uneinig darüber, ob die Kernenergie zur Erreichung der CO2-Emissionsziele gefördert werden soll. Im Mittelpunkt der Debatte stehen Frankreich, das Kernenergie als wichtigste Stromquelle nutzt, und Deutschland, das sich unter früheren Regierungen dagegen ausgesprochen hat.

Infolgedessen hat die EU-Energiepolitik die Kernenergie in der Regel nicht mit Anreizen oder Zielen besonders gefördert, und der EU-Haushalt sieht keine Unterstützung für den Bau neuer Kernkraftwerke vor. Dem Entwurf zufolge werden die Kommission und die Europäische Investitionsbank ein mit 500 Millionen Euro dotiertes Pilotprogramm für Stromabnahmeverträge auflegen, für das auch Kernenergieprojekte in Frage kommen.

Zwölf der 27 EU-Mitgliedstaaten verfügen derzeit über Kernreaktoren, wobei Frankreich mit Abstand den größten Bestand hat. In der Slowakei und in Ungarn sind neue Reaktoren im Bau, während Länder wie Polen den Bau ihrer ersten Kraftwerke anstreben.

(1 Dollar = 0,8666 Euro) (Berichterstattung von Kate Abnett und Julia Payne, Redaktion: Tomasz Janowski)